Mit Anfang zwanzig lernte ich meinen zukünftigen Ehemann kennen. Da wir beide vollzeitig beschäftigt waren, zusätzlich Überstunden machen mussten und er obendrein Schicht arbeitete, zogen wir bereits nach einem Jahr zusammen, um uns „hin und wieder“ über den Weg zu laufen. Wer selbst schichtet, wird sofort nachvollziehen können, wovon ich spreche. Die Zweisamkeit bleibt in dieser Situation schlicht auf der Strecke.

Zu dieser Zeit war ich regelmäßig bei einem sehr liebevollen Priester zu Beichtgesprächen. Ich war seit einigen Monaten wieder intensiv auf der Suche nach Gott. Sonntags ging ich zur Messe, betete täglich und hatte große Sehnsucht nach dem Leib Christi (nach katholischem Verständnis erfolgt während eines Gottesdienstes, beim Hochgebet, die Umwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi).

Da ich mit meinem Freund zusammenlebte und Gott (der vom Priester vertreten wird) bei der Beichte nicht versprechen konnte, mit meinem Freund bis zur Ehe enthaltsam zu leben, erhielt ich von meinem Priester auch keine Absolution (Vergebung der Sünden). Ich nahm ihm das nicht übel, konnte es im Gegenteil absolut nachvollziehen und ging weiterhin zu ihm. Wir unterhielten uns buchstäblich über Gott und die Welt. Er war für mich wie ein Mentor, von dem ich viel lernen konnte und ich fühlte nach jedem gemeinsamen Gespräch einen inneren Frieden. Irgendwann war ich so weit, dass ich meinen Freund davon überzeugen wollte, vorehelich abstinent zu bleiben.

Die Diskussion um die Keuschheit bis zur Heirat führte zu unserem ersten Streit. Mein Freund lehnte die, aus seiner damaligen Sicht, unsinnige Idee ab und sah in mir nurmehr eine Verrückte. Schließlich war ich keine Jungfrau mehr und es machte für ihn daher wenig Sinn, nach knapp zwei Jahren Beziehung enthaltsam leben zu wollen. Klar, er hätte mich sicherlich nicht vergewaltigt und hätte mein Nein definitiv akzeptiert, aber das hätte auch unser Beziehungsende bedeutet. Eine Trennung war das Letzte, was ich wollte. Also entschied ich mich für meinen Freund und erneut gegen unseren HERRN. Wir blieben zusammen und ich wurde schwanger mit unserer ersten Tochter. Während meinen Schwangerschaften betete ich besonders viel, vor allem für mein ungeborenes Baby und fühlte mich Gott dadurch noch mal um einiges näher als sonst.

 

Veronika Rajic