Masken

In meiner Jugendzeit habe ich mich allzu oft versteckt. Hinter papagei bunter Kleidung, hinter Schminke, hinter Anime, hinter Fantasiegeschichten wie Sailor Moon, in denen ich mich stark, mit Superkräften und als Held vorstellen konnte, so oft ich wollte. J-Pop und Avril Lavigne beispielsweise waren super, um mich in meinen Emotionen zu wälzen. So oft wollte ich wo dazugehören, es wollte aber nicht so recht klappen. Als Teenager stand ich mir irgendwie selbst im Weg. Ich dachte so lange, „Schüchtern“ und „Leise“ und „Brav” waren meine Bestimmung. Dieser Weg und kein anderer. Ich war wie in einem Tigerkäfig für stille Seelen. Und ich zog gesenkten Blickes meine Runden, mit unruhig umherpeitschendem Schwanz.

Jesus

Und dann kam Jesus in mein Leben. Mein Vater starb, als ich 13 war, so fanden meine Mama und ich in eine Pfarre. Ich erlebte viel, lernte Freunde kennen, liebte es, Lobpreis zu singen und zu beten. In meiner Pfarre lernte ich meinen heutigen Mann kennen. Und dennoch war ich noch mit Masken unterwegs. An mehreren Stationen meines Lebens wurde ich mit ihnen konfrontiert. Und so oft wurde mir der Zuspruch Jesu kommuniziert. Dass er in mir nicht einen Weirdo sah, sondern jemand mit einem bunten, Diamantenherzen voller Ecken und Kanten das gut so ist, wie es ist. Mein Herz wurde weiter. Ich weinte viel. Ich hatte viele Fragen und bekam Antworten.

Glaube ist kein linearer Prozess. Oft gibt es Rückschritte, die einen wieder vorwärts gehen lassen. Oft schlägt man Wege ein, die man nicht betreten wollte. Jetzt gerade befinde ich mich auf einem Weg, den ich nicht kenne. Vieles, was mir Halt gab – Gebet, Gebetstreffen, Bibel und theologische Bücher lesen, Lobpreis singen und spielen – dafür habe ich mental und körperlich oft keine Kapazitäten… hallo, Mutterschaft. Hallo, persönliche Baustellen. Es ist oft frustrierend und oft fühle ich mich so weit weg von Gott und zugleich weiß ich, dass ich zu Ihm will. Und dass er für mich da ist. Geduldig. Liebevoll. Nur… wie kann ich mich ihm wieder nähern?

Nähe… das ist es. Ich vermisse Seine Nähe. All die kleinen Habits, die mich nahe an sein Herz brachten und nun… fühlt es sich verpufft an. So weit weg. Es ist, als würde ich eine neue Reise beginnen, mit lauter Unbekannten Variablen. Unsicherheit kann ich gar nicht ertragen, aber ich gehe trotzdem los. 

Stabilität

Veränderung, neue Situationen, auch wenn es schöne sind, bringen mich oft zum davonlaufen oder zum zurückziehen, weil sie mich überwältigen. Und dann werde ich Mama von zwei Kindern, die sich stetig verändern, wachsen. Und ich wachse mit ihnen mit. Es ist, als wolle mich Jesus liebevoll aus der Reserve locken… kann man das so schreiben? Ich fühle mich, als würde Gott mein Gemälde malen und stetig neue Details hinzufügen…das Gesamtbild kann ich noch nicht erkennen. Aber es wird sicher schön. Wenn ich nur nicht so ungeduldig wäre…

Neues Land

Seit ich diese Zeilen geschrieben habe, sind Monate vergangen. Ich war mit den Kindern in Quarantäne. Sie mussten daheimbleiben, ich konnte zumindest hinausgehen zum spazieren, wenn mein Mann von der Arbeit zurückkam. Die Quarantäne ist ein Zustand, der früher in mir Panik ausgelöst hätte, der mich total verkrampft hätte. „Nein, nein, alles, nur das nicht. Bitte… Das verkrafte ich nicht.“ Und doch hatte ich die Kraft,die Kinder zu lieben, sie in ihren Gefühlsstürmen zu begleiten, ihnen geduldig in die Augen zu sehen. Und mir selbst Pausen einzugestehen. Mich zurückzuziehen, um Kraft zu sammeln, nicht immer da sein und helfen zu müssen. Diese große Angst, innerlich zusammenzubrechen, dieses Verlangen, mich zu verschließen, zu fliehen vor der Situation, die Sorge, nicht gut genug zu sein, nicht wertvoll… ich merke, wie Jesus daran Hand angelegt hat und es immer noch tut. Ich merke, wie ich Neuland betrete. Ich kenne es nicht, aber ich bin froh, so weit gekommen zu sein. Preis sei dir, Jesus!

 

– [ ] B., 33 Jahre