Stell dir vor, du hast nichts und bist trotzdem glücklich! „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!“ So eine Art Mensch muss Giovanni Melchiorre Bosco, später Don Bosco, gewesen sein. Diesen Spruch kennt man von Spruchkarten, aus den Poesie, Kalendern. Aber es war ein Satz von Don Bosco, der seine Grundhaltung widerspiegelte. Er kam am 16. August 1815, als jüngster von 3 Brüdern, auf die Welt. Eine Welt, die die letzten 23 Jahre von Kriegen, Zerstörungen, Armut und Ängsten, durch Napoleon Bonaparte geprägt war. Im Jahr 1815 als der Frieden wieder einkehrte, begann die Biedermeier Epoche, eine Zeit, in der sich die Menschen nach einer heilen Welt sehnten. So gilt diese Zeit als konservativ, idyllisch und spießig. Das Interesse an der Politik ging allmählich verloren und die Menschen suchten den Frieden im eigenen Heim und bei Gott. Es herrschte vorwiegend Frieden. Die Menschen interessierten sich für Bildung, Lyrik, Kunst und Kultur. Auf der anderen Seite, durch die beginnende Industrialisierung, gab es aber auch viel Armut und soziales Elend, welches ignoriert wurde.

Giovannis Vater starb, als er gerade mal zwei Jahre alt war. Seine Mutter war von nun an mit den drei Jungs auf sich alleine gestellt. Sie waren arm und hatten nicht viel, mussten hart arbeiten und bereits im jungen Alter Geld nach Hause bringen. Durch die liebevolle Erziehung ihrer Mutter, die den Alltag mit festem Glauben meisterte, konnte sie doch viel Reichtum anderer Art an ihre Söhne weitergeben, ohne es selbst zu ahnen. Durch Akrobatik Vorstellungen, Balanceseilakte, Zauberstücke und dem Wiederholen der Predigt aus dem Gottesdienst konnte Giovanni viele ZuschauerInnen für sich gewinnen. Als Eintritt verlangte er bloß ein gemeinsames Gebet. Vermutlich kamen all diese Menschen zu ihm auch wegen seiner sympathischen Art derer er sich gar nicht bewusst war.

Mit neun Jahren träumte er einen Traum, der den Rest seines Lebens prägte. Er träumte von einer Horde Jungs, die sich beschimpfen. Weil Giovanni Flüche nicht ausstehen konnte, wollte er sie mit Schlägen zum Schweigen bringen. In dem Moment erschien ihm ein vornehmer Mann, der so sehr leuchtete, dass er sein Gesicht nicht sehen konnte. Dieser sagte zu Giovanni: „Nicht mit Schlägen, sondern mit Milde und mit Liebe sollst du sie zu Freunden gewinnen. Mach dich also gleich daran, sie über die Hässlichkeit der Sünde und über die Kostbarkeit der Tugend zu belehren.“  Geprägt von einem Gefühl der Verwirrung wollte Giovanni wissen, wer dieser Mann ist und wie er die Bekehrung dieser Kinder anstellen sollte. Dieser antwortete ihm: „Ich bin der Sohn derjenigen, die deine Mutter dich dreimal täglich zu grüßen gelehrt hat.“… „Ich werde dir die Lehrerin geben, unter deren Anleitung du klug werden kannst, und ohne die jedes Wissen töricht wird.“… „Meinen Namen erfrage von Meiner Mutter.“

In diesem Moment erschien eine majestätische Frau in einem Mantel voller leuchtender Sterne. Sie nahm ihn gütig an der Hand und zeigte ihm ein Feld. Auf dem Feld waren nicht mehr fluchende Burschen zu sehen, sondern Tiere, Katzen, Bären, Hunde etc. Die Frau erklärte Giovanni, dass dies das Feld ist, an dem er arbeiten soll. „Hier ist dein Feld, auf dem du arbeiten sollst. Werde demütig, stark, widerstandsfähig; und was du jetzt mit diesen Tieren geschehen siehst, das sollst du für meine Kinder tun.“ Die Tiere verwandelten sich in zahme Lämmer, die blökend und springend umher liefen, als ob sie diesen Mann und diese Frau feiern wollten. Giovanni wollte von der Frau wissen, was dies zu bedeuten hat, sie legte sanft ihre Hand auf seinen Kopf und sagte zu ihm: „Zur rechten Zeit wirst du alles verstehen.“ Giovanni ließ der Traum keine Ruhe. Er erzählte ihn am nächsten Tag seinen Brüdern, seiner Mutter und Großmutter. Alle deuteten ihn auf ihre Art und Weise, nur seine Mutter sollte Recht behalten.

Nach seinem Studium im Priesterseminar mit 20 Jahren wurde er auch ein paar Jahre später zum Priester geweiht und ging nach Turin. Dort besuchte er, oft vom Schicksal getroffene junge Menschen im Jugendgefängnis und unterhielt sich stundenlang mit ihnen. Er wurde sehr sensibel für benachteiligte und ausgegrenzte Jugendliche. So gründete er mit der Zeit eine Freizeitstätte das „Oratorium“ für diese verstoßenen jungen Menschen. Dort konnten sie Zuflucht finden, lernen, spielen, Freundschaften bilden und bekamen Glaubensunterweisungen. Don Bosco wollte diesen Jugendlichen Vater, Bruder und Freund sein. Seine pädagogische Lehre nannte er „Präventivpädagogik“. In dem er den guten Kern in jedem zum Vorschein bringt, mit den drei Säulen der Vernunft, der Religion/dem Glauben und der Liebenswürdigkeit kann ein guter Erzieher negative Spätfolgen im Erwachsenenalter seiner SchülerInnen vorbeugen. Er machte den Jugendlichen Mut, indem er ihre Talente entdeckte und diese förderte. Für die damalige Zeit war seine liebenswerte Erziehungsart doch sehr ungewöhnlich und revolutionär. Denn sonst maßregelte man die Kinder mit harten Strafen.

Don Giovannis Weg wurde ständig von seinen prophetischen Träumen begleitet, die ihm auch den Weg zeigen sollten. Den Traum, den er mit 9 Jahren träumte, sollte er mit 19 Jahren wieder träumen. Damals wurde ihm bewusst, dass Gott etwas mit ihm vorhatte. Er lernte seine Träume zu deuten und schrieb sie ungefähr 10 Jahre vor seinem Tod nieder. Don Giovannis Freizeitstätten wurden zu Schulen und zu Heimen. 1859 bekam sein erstes Oratorium den Namen „die Gesellschaft des Heiligen Franz von Sales“, kurz „die Salesianer“, weil Don Bosco den Heiligen sehr verehrte.

Heute bilden die Salesianer die zweitgrößte Ordensgemeinschaft der katholischen Kirche. Mit Maria Dominika Mazzarello eröffnet er 1872 das Institut der Töchter Mariä Hilfe der Christen, die Don Bosco Schwestern. Als Don Bosco 1888 in Turin stirbt, gab es bereits 58 Don-Bosco-Niederlassungen, 773 Salesianer und 276 Novizen. Heute gibt es rund 90 Standorte weltweit und über 265.000 ehrenamtliche Don Bosco Mitarbeiter. Ihre Arbeit hat viele Gesichter, von der Ausbildung benachteiligter Jugendlicher über junge Flüchtlinge bis hin zu Wohnheimen. Don Bosco hat durch seine guten Taten, geleitet von seinen prophetischen Träumen, der Welt einen Teil seines gutmütigen Wesens hinterlassen, wodurch das Leben und die Zukunft vieler jungen Menschen sich sicher zum Guten gewendet haben.

F. B.

Quellen: don M. Mandic (2007), „I sogni di don Bosco“ (2. Aufl.)

  1. Birklbauer (2019), „Don Bosco. Ein Leben für junge Menschen“